Portrait

Der Bierbrauer – Marco Bleisch

 

Schon beim Betreten der kleinen aber feinen Brauerei wird einem klar, dass hier ein Brauer mit Leidenschaft am Werk ist. Wer ein normales Bier trinken möchte, ist nicht falsch. Wer etwas Exklusives möchte, ist garantiert richtig. Der Brauer, Marco Bleisch, lässt einem seine Freude am Bierbrauen ab dem ersten Moment spüren. Er erzählt von Zutaten, dem Brauprozess, anstehenden Projekten und neuen Ideen. Dass man in einer Garage sitzt, geht dabei schnell vergessen. Einen oder zwei Tage pro Woche ist Marco hier anzutreffen. Pro Sud produziert er etwa 300 Liter Bier. Abfüllanlage, Kühlzelle, Gärfass und fruchtbetont mögen einem noch bekannt vorkommen, wenn es um Dry Hopping, Hopfennote oder Porterbier geht, wird es schon spezifischer. Als erstes bekomme ich ein Roggenbier zum Probieren. Dieses wird mit 30% Roggenmalz gebraut, das schwer zu verarbeiten ist, weil es schnell verkleistert. Ein super Bier, das findet auch Marco.

 

Marco ist ehrlich mit sich selbst und freut sich, wenn ein Bier gelingt. Ein gutes Bier braucht Geduld und gute Lagerung. Der Brauer Bescheidenheit, Begeisterung und Leidenschaft.

 

Speziell die Begeisterung ist bei Marco spürbar. Eine neue, Englische Zapfpumpe hat er soeben gegen einen Harass Bier getauscht. Sie wird direkt montiert und getestet. Schon poppt eine neue Idee in Marcos Kopf auf: vielleicht reicht es sogar, ein für die Pumpe geeignetes Bier bis zum nächsten Fest zu brauen? Marcos Gäste sind so vielseitig wie die gebrauten Biere: Betriebsausflüge, Polterabende, Geburtstagsfeste, alles scheint möglich bei BCB. Ausser ein gestelltes Foto, dafür gibt es zu viel zu tun und zu erzählen.

 

Marco arbeitet seit sechs Jahren beim förderraum in der Tages-stätte Rheintal, bei deren Aufbau er mithalf. Er beschreibt sich selbst als 40 Jahre jung, kreativ, weltoffen und spontan. Zu Marcos Leidenschaften gehören Familie und Freunde, Musik und Kochen: «Ich pflege und übe mich bis heute in der grossen Weltküche. Von der indischen über die marokkanische bis zur mediterranen Küche. Einfach Herrlich dieses Kochen, vor allem aber das Essen danach.»

 

Auch das Bierbrauen ist herrlich für Marco. Dort findet er einen Ausgleich zum Arbeitsalltag und kann seine kreativen Ideen umsetzen. So entstand zum Beispiel das beliebte Honig-Rosmarin Bier. Deshalb hat er vor rund sechs Jahren das Einzelunternehmen «BCB Bleisch Craft Beer» gegründet, das er selbst betreibt. Nicht ohne tatkräftige Helfer natürlich, diese werden in Naturalien, also in Bier bezahlt.

 

Craft Beer meint, dass das Bier handwerklich von einer unabhängigen Brauerei erzeugt wurde, ohne industrielle Verfahren. Das meiste BCB Bier wird ab Rampe verkauft, was jeweils auf Facebook angekündigt wird. Weiter ist es erhältlich in den Restaurants Barz, Kafi Franz, dem Brüw Pub, Gallus Pub und im Kolorit, oder auch fassweise für Events und Apéros.

 

Im Laufe der Jahre sind unzählige Biersorten entstanden: Indian Pale Ale, Porter, Lager, Stout, Belgische Trappistenbiere oder Irische Red Ale, um nur einige zu nennen. Die Nachfrage ist gross, trotzdem möchte Marco nicht zu viele Restaurants beliefern, da Kapazität und Zeit beschränkt sind.

 

Seinen Vorteil gegenüber Grossbrauereien sieht Marco darin, dass er schnell auf den Markt reagieren und neue, interessante Kreationen ausprobieren kann. Zudem sind seine Biere «Einfach ehrliche und geschmacksvolle Produkte, die mit grösster Sorgfalt hergestellt wurden.» Das passt zur Philosophie von Marco: «Wenn die Kunden glücklich sind über meine Produkte, dann bin ich es auch!»

 

Man kann Marco fast als modernen Winzer bezeichnen: Vor eineinhalb Jahren entstand ein Bier mit 10 Volumenprozent, das in einem Schweizer Eichenfass ausgebaut wurde, indem zuvor ein Bernecker Pinot Noir lagerte. Das Pinot Noir Bier passt übrigens bestens zu Schokoladen-Kuchen oder Tiramisu. Marco gibt mir auch gleich den nächsten Kochtipp auf den Weg: den nächsten Risotto mit Weissbier ablöschen. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert.

 

Nach einem interessanten Abend, an dem ich die Leidenschaft von Marco kennenlernen und das Resultat degustieren durfte, mache ich mich auf den Heimweg. Nicht ohne eine ansehnliche Bierauswahl im Gepäck natürlich.

 

Silvan Schmidt, Mai 2018

 

 

St. Galler Nachrichten
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